Die Landsberger ProThesenBewegung – seit 15 Jahren im Einsatz

Artikel im Kreisboten Landsberg
vom 25.04.2025, 11:39 Uhr
Von Susanne Greiner

Die Gründerin der Selbsthilfegruppe ProThesenBewegung Michaela Bienert und die Co-Leiter Markus Pohanka (l.) Bernd Schwarz.
Die Gründerin der Selbsthilfegruppe ProThesenBewegung Michaela Bienert und die Co-Leiter Markus Pohanka (l.) Bernd Schwarz. © privat

Es gibt nicht viele Ereignisse, die das Leben derart auf den Kopf stellen wie der Verlust eines Armes oder Beines. Michaela Bienert musste sich dieser Erfahrung stellen, doch statt sich ihrem Schicksal zu ergeben, packte sie an und unterstützt seit 2010 Menschen in ähnlichen Situationen.

Landsberg – Fast 20 Menschen nahezu jeden Alters sitzen im Restaurant „Il Lago di Garda“ in Landsberg, unterhalten sich, lachen und lassen sich das Essen schmecken. Nichts unterscheidet die Gruppe von jedem anderen Stammtisch. Erst auf den zweiten Blick fallen die Broschüren und Zeitschriften für Menschen mit Arm- und Beinamputationen auf. Auch die Spendenkasse, eine grüne Keramikkuh namens „Ampu-Kuh“, trägt am Hinterlauf eine Prothese. Die Menschen, die sich hier treffen, sind weder Stockschützen noch Kleingärtner, sondern Mitglieder der Selbsthilfegruppe ProThesenBewegung. Sie treffen sich jeden ersten Mittwoch im Monat, um Erfahrungen auszutauschen, Vorträge anzuhören, gemeinsame Ausflüge zu planen oder um sich einfach nur zu unterhalten.

Die ProThesenBewegung aus Landsberg: Michaela Bienert ergreift nach einem Unfall die Initiative

Gegründet wurde die Selbsthilfegruppe von Michaela Bienert, die an allen Tischen gleichzeitig zu sein scheint und dabei eine positive Energie versprüht, der man sich kaum entziehen kann. Wenn man sie so sieht, ist es schwer vorstellbar, dass ihr das Schicksal einen heftigen Schlag versetzt hat, als sie durch einen Motorradunfall im Jahr 2004 den größten Teil ihres linken Beines und einen Teil ihrer linken Hand verlor. Bei einem Klinikaufenthalt im Jahr 2008 stellte sie bei Gesprächen mit anderen Patienten fest, dass es vom fränkischen Coburg bis hinunter nach Österreich keine Anlaufstelle und keine Unterstützungsangebote für amputierte Menschen gab.

„Ich habe mir gedacht, das kann doch nicht wahr sein“, erzählt Bienert. „Die Menschen haben so viele Fragen, was die Prothetik und ihr weiteres Leben angeht, da muss man doch etwas aufbauen können.“ Sie sei zwar „völlig blauäugig“ gewesen, wie sie selbst sagt, doch sie habe so viel Power in sich gehabt, dass sie unbedingt aktiv werden und eine Selbsthilfegruppe ins Leben rufen wollte. Durch ihre Arbeit in einem Sanitätshaus, von Klinikaufenthalten und vom Skibob-Fahren kannte sie bereits einige Menschen mit Amputationen. Diese informierte sie damals über ihre Pläne, und so kam es, dass die Gruppe bei ihrer Gründung im Jahr 2010 bereits aus zwölf Personen bestand und stetig weiter wuchs. Die Menschen kamen von überall her. „Die weiteste Entfernung waren 130 Kilometer“, berichtet Bienert, was den enormen Bedarf an Austausch und Informationen unterstreicht, den Amputierte haben. „Ärzte können nicht helfen, Therapeuten können nicht helfen“, fährt sie fort. „Sie können zwar aufzählen, was man machen kann, aber sie können es nicht so rüberbringen wie jemand, der selbst betroffen ist.“

Unnötige Warnung von Außenstehenden: „Die ziehen dich nur runter“

Trotzdem gibt es auch Vorbehalte gegen die Selbsthilfegruppe, weiß Bernd Schwarz, der selbst schon lange Jahre Mitglied ist. „Als ich damals erzählt habe, dass ich die Selbsthilfegruppe besuchen wollte, sagte man mir, dass ich das lieber bleiben lassen soll. Die ziehen dich nur runter, hieß es. Ich habe es trotzdem getan, und es war ganz anders, als ich erwartet hatte.“ Keine Spur von gedrückter Stimmung oder Kreisen um das eigene Leid; stattdessen Optimismus und nette Menschen, die anderen mit ihren Erfahrungen zur Seite stehen, dazu spezifische Vorträge oder Aktivitäten wie Gangschule und Motorradtouren.

„Wir sind kein Stuhlkreis“, sagt Schwarz und lacht, sondern ein „lustiger Haufen“, wie es im Informationsschreiben zur Neuorganisation der Selbsthilfegruppe zu lesen steht. Michaela Bienert, die noch je eine Gruppe in Augsburg und Memmingen aufgebaut sowie die Selbsthilfegruppe in München wiederbelebt hat, will nämlich kürzer treten und hat sich mit Markus Prohanka und Bernd Schwarz zwei Co-Leiter ins Boot geholt. Sie werden Bienert bei der Organisation von Vorträgen, Veranstaltungen, Feiern und der zeitraubenden Administration unterstützen.

Wer sich selbst ein Bild von der Landsberger ProThesenBewegung machen möchte, findet auf der Webseite der Gruppe unter www.pro-thesen-bewegung.com zahlreiche Informationen. Und bei den Treffen sind Interessenten jederzeit willkommen.