Sie war lange angekündigt und nun wurde sie erfolgreich vollzogen: Die Gründung der vierten Gruppe der ProThesenBewegung in Memmingen.
Auch wenn unmittelbar vor Beginn der Gründungsversammlung drei Absagen eingingen, so fand sich an diesem Mittwochabend im Hotel und Restaurant Engelkeller in Memmingen immer noch die stolze Anzahl von 15 Personen ein, die es sich nicht nehmen lassen wollten, der Gründung zu einem würdigen Rahmen zu verhelfen.
Es war nicht nur deshalb alles andere als eine schwere Geburt. Die Mindestzahl (sechs Personen), die für eine solche Gründung formal notwendig ist, wurde deutlich übertroffen. Im reservierten Gastraum im Engelkeller waren alle Plätze belegt. Dementsprechend herrschte am Ende fast schon ausgelassene Stammtisch-Atmosphäre, wie man sie sich nur wünschen kann. Einige Gesichter waren neu, andere kannten sich vom Stammtisch in Landsberg.
Deren Leiterin, Michaela Bienert (Biene), eröffnete die Versammlung mit einer herzlichen Begrüßung und einem ausführlichen Vortrag über Werdegang, Motivation und Inhalte bzw. Aktivitäten der ProThesenBewegung anhand einer vorbereiteten Power-Point-Präsentation, bevor sie das Wort dem Leiter der Memminger Gruppe, Winfried Reischmann, übergab.
Die Vorfreude auf den Abend war auch ihm sichtlich ins Gesicht geschrieben. Sein Dank galt zunächst den zahlreich erschienenen Teilnehmern für Ihr Kommen, die zum Teil längere Anfahrtswege in Kauf nahmen.
Ein großes Dankeschön galt aber vor allem Biene für ihren jahrelangen, unermüdlichen Einsatz im Rahmen ihres überaus erfolgreichen Engagements bei der ProThesenBewegung, einer SHG, die ihresgleichen suche. Wie sehr dieses geschätzt wird zeigte sich etwa an der Reaktion von Uwe, einem der Teilnehmer, der meinte, er habe zwar deutlich näher nach Memmingen und werde sicher wieder hierherkommen, aber er werde auf jeden Fall Biene die Treue halten und auch künftig bei ihren Stammtischen und Aktivitäten dabei sein. Ein tolles Kompliment, welches man nur unterstreichen könne.
Sowohl sie als auch Winfried machten anschließend in wechselnder Moderation deutlich, was sie unter einer Selbsthilfegruppe verstehen. „Kein Stuhlkreis“, wie man es sich üblicherweise unter diesem Begriff vorstellen könnte. Nein, es soll ein Stammtisch werden, den man gerne besucht, bei dem man sich austauscht bei gutem Essen und Trinken und am Ende des Tages feststellt: Es hat Spaß gemacht und es hat sich gelohnt.
Warum eine vierte Gruppe? Diese Frage beantworteten beide unisono damit, dass Memmingen nun auch räumlich einen Bereich abdeckt, der bisher als weißer Fleck auf der Selbsthilfe-Landkarte auftaucht. Es gibt ihn einfach, diesen Bedarf, miteinander ins Gespräch zu kommen, um sich auszutauschen und Informationen zu bekommen. Zu diesem weißen Fleck gehört etwa das Illertal, das Unterallgäu und auch der das württembergische Allgäu.
Winfried, der seit 13 Jahren bereits eine Nordic-Walking Laufgruppe für Amputierte leitet, erläuterte in seinem Vortrag seine Vorstellungen eines funktionierenden Stammtisches.
So sollen diese alle zwei Monate grundsätzlich an jedem dritten Mittwoch stattfinden. Es gehe also um eine verlässliche Regelmäßigkeit. Als Lokalität sei auch künftig der Engelkeller vorgesehen.
Das Lokal biete alles (und noch ein bisschen mehr), was für die Menschen mit Handicap notwendig sei: Einen separaten Raum, kostenfreie Parkplätze am Haus, einen ebenerdigen Zugang, ein Behinderten-WC und sogar einen Biergarten für laue Sommerabende.
Tatsächlich hielt es auch, was das Ambiente versprach. Das Essen, das von den freundlichen und aufmerksamen Bedienungen gereicht wurde, war hervorragend bei einer tollen Willkommenskultur. Darin waren sich alle einig.
Ferner gab er zu verstehen, dass keine „One-man-show“ geplant sei. Vielmehr sollen die Abende und sich hieraus entwickelnde Aktivitäten von einem Kernteam vorbereitet werden. Von Ludwig und Sabrina aus Aitrach sowie Martina aus Bad Wurzach habe er bereits im Vorfeld die Bereitschaft zum Mitmachen erhalten. Und natürlich gehe er davon aus, dass auch Biene mit ihrer Erfahrung, ihrem Wissen und ihrem selbst aufgebauten Netzwerk unterstützend mitwirkt.
Einen kleinen Vorgeschmack, wie der Memminger Stammtisch künftig aussehen könnte, gab es mit einem weiteren Tagesordnungspunkt. So wurde das Memminger Sanitätshaus „Vitalcenter Gerstberger“ zur Gründungsversammlung eingeladen, um sich vorzustellen. Ursula Winkler und David Kolp von der Geschäftsleitung freuten sich über diese Einladung und boten gerne an, jederzeit da zu sein, um Hilfe zu leisten, wenn es um die Versorgung und ggf. kreative Lösungen gehe. Beide zeigten sich regelrecht begeistert von diesem Stammtisch, von der lockeren Atmosphäre und der guten Laune und signalisierten abschließend, diesen gerne unterstützen zu wollen.
Auch wenn sich untereinander sehr schnell rege Gespräche entwickelten und sich damit ein gegenseitiges Kennenlernen ergab, sollte es für jeden Gelegenheit geben, sich und evtl. auch seine Geschichte persönlich vorzustellen. Dabei ging es mitunter lustig zu, als die eine oder andere Anekdote erzählt wurde.
Am Ende waren sich alle einig. Der Besuch hatte sich in jeder Hinsicht gelohnt. Erste Ideen wurden bereits angedacht, bevor es gegen 22.30 h nach Hause ging. „Ich komme auf jeden Fall wieder“, war ein Satz, der gleich von mehreren zu hören war.